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Über die Zustandskriterien

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Das ABC der Bewertung

Wie bereits angesprochen waren Plakate nicht dazu bestimmt, aufbewahrt zu werden. Es handelte sich um Gebrauchsmaterial, gedruckt für den Aushang im öffentlichen Raum und dort bald von Wind und Wetter zerstört, überklebt oder wieder abgerissen. Exemplare, die es trotzdem über die Jahrzehnte oder gar ein ganzes Jahrhundert in die Gegenwart geschafft haben, sind jene Blätter, die dem Urheber, Drucker oder Auftraggeber als Belegexemplare dienten, die schlicht liegen blieben und/oder die sich die ersten Sammler beschafft haben.

Angesichts dieser Umstände werden bei der Beschreibung des Zustands von Plakaten nicht dieselben strengen Kriterien angewendet wie etwa im Falle von Lithographien eines Picasso, Léger oder Le Corbusier. 

Das wichtigste Kriterium bei der Bewertung des Zustands eines Plakates ist vielmehr dessen Erscheinung, womit die Klassifizierung von der Antwort auf die folgende Frage abhängt: Wie gut widerspiegelt das jeweilige Blatt die ursprüngliche Idee der Gestaltung und Wirkung? Dabei gilt es zu wissen, dass verblichene Farben nicht wieder zum Leuchten zu bringen, Risse oder gar Fehlstellen hingegen ziemlich oder gar sehr gut zu reparieren sind.

Unterdessen haben sich die folgenden Kategorien bei der Klassifizierung etabliert, wobei ein nachgestelltes Minus- oder Pluszeichen einen leicht schlechteren resp. besseren Zustand bezeichnet. Es versteht sich von selbst, dass die Bestimmung keine exakte Wissenschaft ist, die Grenzen etwa zwischen einem A- und B+ also nicht scharf zu ziehen sind und im Auge des Betrachters liegen – insbesondere wenn Anbieter und Interessent ein Plakat gemeinsam in Augenschein nehmen. 

Zustand A

«A» bezeichnet ein Plakat, das sich in einem so gut wie druckfrischen Zustand befindet. Die Farben sind kräftig, minime Papierverluste und/oder Einrisse sind höchstens im Blattrand festzustellen, wie auch Knitterungen, Fältchen, leicht abgeriebene Stellen oder kleine Quetschungen. Ein «A»-Plakat weist kaum solche Schönheitsfehler auf, ein mit «A-» beschriebenes Blatt einige mehr. Restaurierungen sind möglich, angesichts der nur leichten Schäden aber nicht auszumachen.

Auf der Abbildung eines Ausschnitts von Emil Cardinaux‘ Jungfrau-Bahn-Plakat aus dem Jahr 1924 ist ein Makel zu sehen, der auf den ersten Blick indes nicht zu erkennen ist: Es handelt sich um einen Abrieb im linken unteren Rand und stellt einen Schönheitsfehler dar, der aus dem mit einem «A» klassifizierten Plakat noch lange kein «A-» macht.

Emil Cardinaux‘ Jungfrau-Bahn-Plakat mit dem Abrieb in der linken unteren Ecke.

Zustand B

«B» bezeichnet ein Plakat in einem guten bis (bei einem «B+») sehr guten  Zustand. Es mögen bereits einige Bereiche – Risse zum Beispiel, die einige Zentimeter ins Motiv hineinragen – restauriert oder – bei starkem Abrieb – retuschiert worden sein, was indes nicht offensichtlich ist. Kommen zu diesen Makeln ausgeblichene Farben hinzu oder gar ersetzte Papierverluste, handelt es sich um ein Exemplar «B-». Ein Blatt dagegen, das von einer kleinen, inzwischen fachmännisch ersetzten Fehlstelle im Motiv abgesehen frisch wirkt, ist trotz dieses Verlusts eher ein «A-» als ein «B+».

Dem als Beispiel abgebildeten Jelmoli-Plakat von Hugo Laubi aus dem Jahr 1933 fehlt die linke obere Ecke – ein deutlich relevanterer Schaden als der oben beschrieben Abrieb. Gleichwohl ist dieser Verlust insofern kein Unglück, als er keine zentrale Stelle betrifft und er von einer erfahrenen Restauratorin so zu beheben ist, dass es nur dem sehr aufmerksamen Betrachter auffällt. Ohne solch eine Reparatur wäre das Plakat mit einem «B+» zu bewerten, nach einer Reparatur mit einem «A-», sofern – wie in diesem Fall – keine weiteren Schäden vorhanden sind, ob nun restauriert oder nicht.

Das beschriebene Jelmoli-Plakat von Hugo Laubi (1933), dem die obere linke Ecke fehlt.

Die Fehlstelle im Rumpf der DC-4 der Swissair auf dem 1948 entstandenen Plakat von Bernhard Reber ist offensichtlich ein ernsthafte Beschädigung. Im diesem Zustand mit einem «B» oder gar «B-» zu bewerten, lohnt sich hier eine Restaurierung allemal – aus ästhetischen wie aus finanziellen Gründen, da der durch eine Restaurierung zu erzielende Wertzuwachs die Kosten der Arbeit übersteigt. Eine gut ausgeführte Behebung der Fehlstelle macht aus dem Plakat ein «B+»-Exemplar.

Bernhard Rebers DC-4 (1948), abgehoben mit einem durchlöcherten Rumpf. 

Zustand C

„C“ bezeichnet ein Plakat, das stark gelitten hat und so gut wie nicht mehr – oder nur mit einem unverhältnismässig hohen Aufwand – zu retten ist und/oder das bereits offenkundig und eingehend sowie nachlässig restauriert wurde. Risse und Brüche ziehen sich durch grosse Partien des Blatts, die Farben sind teils stark verblichen, infolge unsachgemässen Aufziehens haben sich etliche Blasen gebildet etc. Placart bietet keine „C“-Plakate an. 

Zwei Partien von Jane Atchés stark mitgenommenem Plakat „Job“, 1896.

Über das Aufziehen von Plakaten

Ein Faktor, an dem sich die Geister scheiden, stellt das Aufziehen von Plakaten dar. Manche bevorzugen die – unbedingt reversible! – Stabilisierung eines Plakats mittels Japanpapier oder gar mittels eines Leinengewebes, häufig inklusive eines breiten Randes um das Plakat herum, während andere dies für eine Minderung des Originalitätsgrads halten. Wir bei Placart sind der Auffassung, dass ein fachmännisches und reversibles Aufziehen eines Plakats auf Japanpapier diesem zugute kommen kann, weil es einen gewissen Schutz bietet vor Einrissen, Faltenbildung und Knitterungen. Allerdings raten wir auch davon ab, ein Plakat in hervorragendem Zustand, das ohnehin (bald) gerahmt sein wird, präventiv aufzuziehen.